…und plötzlich ist alles anders!
Auf einmal sind mir immer mehr Kleinigkeiten aufgefallen. Das ständige Nachfüllen des Trinkbrunnens im Wohnzimmer. Oder die grossen Urinklumpen im Katzenklo…
„Gut, es ist Winter, die Luft zu trocken, wahrscheinlich muss deshalb der Brunnen im Wohnzimmer mehr aufgefüllt werden als der in der Küche, da herrscht ja genügend Luftfeuchtigkeit. Ja und die Urinklumpen sind ganz klar: Wir haben ein neues Klumpstreu, da unseres im Moment nicht erhältlich ist. Also alles okay.“
Aber Samson habe ich auffällig immer wieder beim Trinken beobachtet. Aber nur am neuen Trinkbrunnen und nur an dem im Wohnzimmer. Die restlichen fünf Trinkstellen im Haus wurden von ihm komplett ignoriert.
Die Urinklumpen im Klo wurden grösser. Und er hat Gewicht verloren. Und das, obwohl sein Gewicht in den letzten Jahren immer stetig nach oben ging.
„Gut, wir haben gerade wieder mal eine mäkelige Phase, in der gefühlt alles nicht essbar ist. Und ja, diese Phasen haben natürlich Saarah & Samson immer gleichzeitig. Und Samson hat im November das erste Mal ein neues Medikament für seine Arthrose erhalten und bewegt sich zurzeit viel mehr. Natürlich nimmt er ab, das war ja das Ziel. Zudem waren wir gerade beim Tierarzt, also alles okay.“
Mitte Februar hätte Samson die nächste Spritze für die Arthrose erhalten sollen. Da er sich aber nicht mehr so aktiv bewegt, wie nach der ersten Spritze und ich einen Zusammenhang mit der Gewichtsabnahme befürchtete, liessen wir diese ausfallen. Ohne merkliche Besserung oder Verschlechterung der Arthrose.
„Gut, sein Gewicht war plötzlich wieder stabil und ging leicht nach oben. Also alles okay.“
Einige Tage später habe ich im Augenwinkel ein leichtes Schwanken an ihm gesehen. Aber so dezent, dass es an mir liegen konnte. Schliesslich bin ich ja ein über vorsorgliches „Büsi Mami“ und mache mir immer viel zu viele Sorgen.
Dann war die Haltung der Vorderpfötchen plötzlich nicht wie sonst. Die rechte Pfote leicht abgespreizt beim Sitzen, wieder nur kaum merklich, aber doch da. Mein erster Gedanke: jetzt hat mein armer Schatz auch noch Arthrose in den Vorderpfötchen.
Am selben Tag fiel meinem Mann das Schwanken ebenfalls auf. Also hatte ich mir das doch nicht nur eingebildet.
Das startete das Gedankenkarussell bei mir: Hat sich die Pankreatitis in eine Diabetes umgewandelt? Ist die chronische Darmentzündung doch etwas Bösartiges? Sind es doch auch die Nieren, wie bei Saarah? Oder hat sich die Arthrose so sehr verschlimmert?
Natürlich habe ich gleich beim Tierarzt angerufen und einen Termin für Samson ausgemacht. Wie von mir gewünscht wurde ein geriatrisches Blutbild gemacht, der Urin kontrolliert und Röntgenbilder von Hüfte, Rücken und Pfötchen erstellt.
Die gute Neuigkeit: die Arthrose in der Hüfte ist nicht schlimmer geworden und Rücken und Pfötchen sehen ebenfalls gut aus. Auch die Nierenwerte sind absolut tadellos. Und Samson hat sich während der ganzen Zeit vorbildlich verhalten.
Nur der Glukose-Wert war zu hoch, und der Fructosamin-Wert bestätige meinen Verdacht: Diabetes!
Mein erster Gedanke: damit kann ich umgehen. Schliesslich bin ich Tierpflegerin und habe genügend Erfahrung in der Pflege von Katzen, obwohl ich selber noch keine Diabetes-Katze versorgt habe. Das bekommen wir trotzdem hin!
Mir wurde von der Tierärztin alles verständlich erklärt, wie Insulin spritzen, wie Blutzucker messen, welches Futter er bekommen darf und was im Notfall zu tun ist. Und dass er einen Tag zur Insulin Einstellung in der Praxis verbringen muss.
Und dann kam die Frage vom Tierarzt, bei der mir das erste Mal bewusst wurde, was die Diagnose Diabetes eigentlich für uns heisst:
„Welche Spritzzeiten wählen Sie?“
Diabetes heisst alle 12 Stunden Insulin spritzen. Und zwar zuverlässig und pünktlich. Welche Zeiten soll ich wählen? Damit ich zuverlässig immer für Samson da sein kann? Und was kommt noch dazu? Wie sieht die ganze Behandlung aus? Was kann ich noch für ihn tun?
Zu Haus habe ich mich gleich an den PC gesetzt und nachgeforscht: Diabetes heisst auch Futterumstellung. Kein Futter mehr in dem Zucker enthalten ist und der Kohlenhydrat Anteil sollte, unter 10 % liegen. Da Samson auch noch eine Pankreatitis hat, sollte der Fettanteil, wenn möglich, unter 5 % sein. Das heisst, als erstes jedes Futter, das wir haben, kontrollieren, ob es noch passt und neue Sorten bestellen.
Die Fütterungszeiten sollten alle 4 Stunden sein, auch Nachts. Damit der Blutzuckerspiegel konstant gleich hoch bleibt. Klingt eigentlich ganz einleuchtend. Vor der Spritze aber am besten 3 Stunden nüchtern, damit es den Blutzucker nicht verfälscht. Ah, ja, genau, da war doch noch was mit Blutzucker messen…..
Insulin spritzen: das war von Anfang an gar kein Problem. Das Messen des Blutzuckers? Das war hingegen ein Riesen grosses Problem!
Samson’s Öhrchen wollten in der ersten Woche einfach nicht bluten. Ich habe das Piksen und Messen an mir ausprobiert und an meinem Mann. Kein Problem. Bei Samson? Einfach nichts! Gar nichts! Kein einziges Tröpfchen Blut! Und Insulin spritzen, ohne den Blutzucker gemessen zu haben, ist absolut lebensgefährlich für die Katze!
Ich habe mir Videos angesehen, von der Tierärztin nochmals zeigen lassen, Anleitungen gelesen und einfach…nichts. Ja, ich weiss, es heisst immer die Katzen Öhrchen müssen sich erst daran gewöhnen zu bluten.
Aber niemand schreibt wie furchtbar das ist, seine Katze so mit der Stechhilfe zu plagen und das auch noch vergebens. Und nein, es ist kein Trost, dass es mir mehr weh tut, als Samson.
Mein Goldschatz hat das alles klaglos über sich ergehen lassen. Natürlich waren seine Lieblingsguddis auch ein sehr grosser Ansporn. Und trotzdem hatte ich ihm gegenüber soooo ein schlechtes Gewissen, auch wenn ich wusste, es ist nur zu seinem besten.
Und nach einer Woche ging es plötzlich. Als wäre es nie anders gewesen, klappte das Blutzucker messen ohne Probleme. Ihr könnt euch meine Erleichterung kaum vorstellen.
Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team: Messen – Fressen – Spritzen
Die Dosis des Insulins stimmt leider noch nicht ganz. Samson’s Werte schwanken noch sehr und sind immer noch zu hoch. Das heisst, wir müssen die Dosis nach Absprache mit der Tierärztin ein wenig erhöhen. Leider kann das Einstellen auf die richtige Dosis immer einige Wochen oder Monate gehen.
Auch die Essenszeiten gefallen Samson noch nicht und er frisst nicht so zuverlässig. Aber diese Essenszeiten sind an die Spritzzeiten gebunden. Das heisst für uns jetzt, die Spritzzeiten in kleinen Schritten, so anzupassen, dass es für unseren Liebling passt.
Aber was heisst das jetzt für mich? Ich arbeite Selbständig. Ich habe Kundentermine am Morgen, Nachmittag und hauptsächlich abends. Welche Zeiten zum Spritzen wähle ich also, dass ich sicher immer zu Hause bin? Und die Ruhe habe, um ihn überhaupt spritzen zu können?
Lässt sich eine selbstständige Tätigkeit, mit unregelmässigen Terminen, überhaupt mit solch einer Diagnose vereinbaren? Oder wäre eine geregelte Arbeitszeit besser für Samson?
Zurzeit stimme ich meinen Tagesablauf ganz auf Samson ab. Damit es ihm so gut wie nur irgendwie möglich geht!
♥️